Besuch beim Bundesgesundheitsministerium und Kritik

Ich war Samstag, den 22.8. bei dem Herrschaftsamt für Gesundheit, dem BMG, den Bundesministerium für Gesundheit und Sitz der deutschen Drogenbeauftragten, Sabine Bätzing. Am 22. und 23. August 2009 war dort wieder Tag der offenen Tür. Neben Themen wie die neue elektronische Gesundheitskarte, Zahnpflege und Diabetes, gab es auch Aktion. So konnte man an diversen Fragebogenspielchen teilnehmen, Zähneputzen lernen, oder sich im Pillendrehen mit Anleitung vom BfArM üben.

Bundesministerium für Gesundheit am Tag der offenen Tür
Foto: BMG von Aussen

Pflanzen Wissen Testen beim BfArM
Foto: Pflanzen Wissen Testen beim BfArM
Pillen machen beim BfArM
Foto: Pillen machen BMG beim BfArM

Drugcom auf dem Tag der offenen Tür

Natürlich gab es auch Aktionen zu Drogen. So war eine Ecke von Drugcom gemacht und man konnte an so einem Fragespiel teilnehmen. Und hier kommt schon meine erste Kritik. So wurde zum Beispiel die Frage gestellt, was für Auswirkungen denn langzeitiger Cannabiskonsum hätte. Antworten konnte man mit „verminderte Lernfähigkeit“ und noch zwei haaresträubende Punkte. Nur eine Antwort wäre richtig. Die beiden anderen hat der freundliche Mensch von dem Stand für mich durchgestrichen, da die völlig unrealistisch seien. Bei diesem Spielchen für Jung und Alt wird den Teilnehmern also suggeriert, der Konsum von Cannabis würde bleibende Schäden hinterlassen. Dem ist aber nicht so. Studien haben gezeigt, dass auch zum Beispiel eine niedrigere Gedächtnisleistung reversibel ist. Auch die Praxis zeigt dies, da Cannabiskonsum quer durch die Menschheit und Jahrhunderte geht. Das wäre aufgefallen.

Tiefergehende Gespräche waren an diese Stelle nicht erwünscht und es wurde einfach zum nächsten Testkandidaten übergegangen.

Ingo Ilja Michels beim Stand der Drogenbeauftragten
Foto: Ingo Ilja Michels (rechts) bei dem Stand der Drogenbeauftragten

Bürgerforum – oder auch nicht

Zu dem Tag der offenen Tür waren sogenannte „Bürgerforen“ mit dem Auftrag „Sie fragen. Wir antworten“ im BMG geplant. Dort sollte es möglich sein, mit Vertreterinnen und Vertretern des BMG zu diskutieren. Erfreulicherweise war für Sonntag, den 23. August von 11.00 bis 12:30 Uhr die parlamentarische Staatssekretärin Marion Caspers-Merk, die das Interface zwischen Bundesgesundheitsministerium und Parlament macht, zum Thema Prävention geplant.

Ich war nur unwesentlich nach 11 Uhr vor Ort, und keine Marion Caspers-Merk weit und breit. Auf Nachfragen wurde gesagt, dass sie aus wichtigen Gründen nicht mehr da sein könne. Leider war von Ausschilderung zum „Bürgerforum“ nichts zu sehen, dafür gab es einen Faltplan mit Programm.

Keine Kondome und keine Antworten beim Safer-Sex Stand

Die Situation der Safer-Sex Kampagne der BZgA als Stand zu beschreiben, grenzt schon an Übertreibung. Ein etwa 1,5m breiter, etwa 2 Meter hoher Aussteller bot Literatur und Flyer zum Thema an. Es gab keine Betreuung von diesem „Stand“. Auf Nachfragen am Nachbarstand wurde mir Mitgeteilt, dass sich auch niemand dafür bislang angefunden hatte. Der zentrale Informationstresen konnte mir da auch nicht weiterhelfen.

Safer Sex im Namen der Regierung - Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Bzga
Foto: Der Safer-Sex Stand macht einen leidvollen Eindruck

Was mich besonders an diesem leidvollen Bild von einem Stand ärgert, ist die Tatsache, dass es an jedem anderen Stand irgendwelchen mehr oder weniger sinnlosen Werbekram gab. Aber ausgerechnet am Safer-Sex Stand keine Kondome anzubieten, ist meines Erachtens, in diesem Zusammenhängen und an diesem Ort ein Verbrechen.

An diesem Beispiel sieht man auch sehr gut, was passiert wenn eine Kampagne, die vorher von einer Nicht-Regierungsorganisation durchgeführt wurde, nun von der Regierung gemacht wird. Die Safer-Sex Kampagne, wie z.b. die bekannte Strassenwerbung kommt seit neuestem von der BzgA direkt.

Deine Botschaft gegen Rausch

Der Höhepunkt der Greultaten an drogenpolitisch Interessierten Menschen kam vom BMG und der Krankenversicherung „ZEUS“. Diese haben sich zusammen die „Botschaft gegen Rausch“ ausgedacht. Bei dieser sind vor allem Kinder und Jugendliche dazu aufgerufen, ihre Meinung über Drogen und Berauschung zu verkünden. Die wurden dann Einlaminiert und Aufgehängt.

Ich habe auch daran teilgenommen. Leider wurde meine Botschaft nicht aufgehängt: „Gebt das Hanf frei! Portugal 2001, Kalifornien 2009“. War dann doch wohl zu krass.

Gebt das Hanf Frei beim Tag der offenen Tür des Bundesministeriums für Gesundheit in Berlin

Denn im Gegensatz zu meiner Meinung waren die ausgestellten Meinungen davon sehr entgegengesetzt. So war eher von „Drogen zerstören Familien“ und ähnliche substanzistischen Äusserungen zu lesen.

Zu eurer Information über diese Kampagne habe ich euch hier die wichtige Seite des Flyers angehängt. Auf der anderen Seite ist ein Liedtext gegen den Rausch aufgedruckt.

Scan von dem Flyer zu Deine Botschaft Gegen Den Rausch vom Bundesministerium für Gesundheit

Deine Botschaft gegen den Rausch, Foto der Ausstellung in Berlin beim Bundesministerium für Gesundheit

Meine Kritik an dieser Aktion: Sie verteufelt Drogenkonsum. Nach dem Motto „erst hast du die Illusion, es gehe dir gut, und dann kommt auf jeden Fall der Absturz“. Von einem aufgeklärten oder ansatzweise differenzierten Umgang mit der Thematik keine Spur. Um so bestürzender, da diese Kampagne vor allem für Kinder und Jugendliche gedacht ist.

Hier ein kleiner literarischer Exkurs, da ich ja nicht der einzige bin, der so denkt:

Wenn es um illegalisierte Drogen geht, setzen der Verstand aus und die Ressentiments ein. Die Mythologisierung und Verteufelung der Drogen müssen als Projektion derjenigen betrachtet werden, die sie betreiben. In ihr offenbart sich deren simpeles Weltbild, das die Welt in schwarz und weiß teilt. Das Gerede von „bösen“ Drogen oder von der „Seuche Cannabis“, wie der Spiegel erst kürzlich in reaktionärer und tendenziöser Weise titelte (27/04), betreibt Desinformation. So hält sich z.B. hartnäckig das Gerücht, dass Cannabis eine Einstiegsdroge sei, obwohl alle ernst zu nehmenden Untersuchungen diesen Effekt vor allem Alkohol zuschreiben. Im Zusammenhang mit der Wortschöpfung „Drogenkontrolle“ bekommt die Verbreitung falscher Tatsachen einen Sinn und leistet Vorschub. „Kontrolliert“ werden soll nicht das willenlose Ding Droge, sondern der Mensch, der mit ihr im Zusammenhang steht. [..] Betont sei hier zum Abschluss, dass es sich bei den IdeologInnen der Drogenprohibition um FanatikerInnen handelt. Denen fällt bei der Frage, was man mit dem Bösen oder einer Seuche macht, nur ein Wort ein: Ausrotten. (aus: 1. Teil: Geschichte und Ideologie der internationalen Drogenpolitik von Lorenz Matzat in ak – analyse & kritik)

Kein Wasser im BMG

So dann wurde meine Begleitung durstig. Vor Ort gab es eine Cocktailbar, natürlich ohne Alkohol. Dort gab es für uns aber kein Wasser. Nur wenn man an sämtlichen der Spielchen teilgenommen hätte, gäbe es einen Cocktail. Wasserflaschen waren vorhanden, aber die Barbedienung hat einer dehydrierten Person, die das ansagt hat und folglich auch nicht in der Lage gewesen wäre, auch nur Ansatzweise zu „Spielen“, ein Glas Wasser verwehrt. Und das gegenüber dem „Sauberen Trinkwasser“ Standes. Meine Begleitung beschwerte sich darauf hin lautstark, dass ja wohl jede freie Technoparty bessere Wasserversorgung bietet als diese Veranstaltung.

BMG von Innen

Zu guter letzt habe ich an einen Feedbackbogen über den „Tag der Offenen Tür“ des BMG teilgenommen. Dort wurde unter anderem Gefragt, ob die Stände denn kompetent gewesen wären und sich gut präsentiert hätten. Auch ein Blankofeld für Anmerkungen war am Ende gegeben, wurde von der Feedbacksammlerin aber übergangen. Ich musste Nachfragen, es war dann natürlich kein Problem dort was einzutragen. Dort äusserte ich meine oben genannten Kritiken.

Na, vielleicht gibt es ja beim nächsten Mal Kondome.