Retrospektive der Hanfparade 2007

Ola!

Ich hab ja lange mit mir gekämpft und war zum Glück auch erstmal im Urlaub. Weil aber nach einer Organisatorenmeinung gefragt wird, hier meine Einschätzung der Parade, ein paar Klarstellungen und was mir sonst noch einfällt.

Zunächst was grundlegendes:
Die Hanfparade hat mit dem DHV nichts zu tun. Georg, mein Chef beim DHV, ist kein großer Fan von Demos. Das hindert mich (Steffen Geyer) aber nicht daran, in meiner Freizeit an der Hanfparade mitzuwirken. Auch der Verein Bündnis Hanfparade e.V. hat mit der Hanfparade2007 nichts zu tun. Der ist nämlich seit Oktober 2006 Pleite und die Feststellung der Insolvenz ist beantragt. Eine Rettung des Vereins würde mindestens 15.000 Euro kosten und selbst wenn dieses Geld da wäre, würden danach dennoch die Aktiven fehlen, ohne die ein Verein nicht arbeiten kann.


Nun ein kleiner Ausflug in die Organisation:
Nachdem es 2007 lange so aussah, als ob es gar keine Hanfparade geben würde, haben sich am 28.02. fünf Einzelpersonen getroffen und beschlossen doch eine Pro-Hanf-Demo zu organisieren. Diese handvoll Leute waren: Tribble (Hanf Museum Berlin), Julia (Bündnis 90/ Die Grünen), Sokratis (ehem. Hanfinitiative FFM), Ulli (ex ACM) und ich (Hanfparade, DHV).
Damit uns irgendwer beoi der Orgaarbeit unterstützen kann, haben wir unsere Ideen in einen Wiki gepackt und ich hab die Erstausstattung des Wikis in 25 Hanfforen gepostet und um Unterstützung geworben.

Ohne Verein im Rücken, ist jeder Euro der für die Veranstaltung fließt für den der ihn in die Hand nimmt ein hohes Risiko. Erstens weil das Finanzamt seinen Teil will und zweitens, weil er im Zweifel auch für entstehende Schulden haftet. Dieses Risiko konnten und wollten wir Studenten, Teilzeitbeschäftigte oder Arbeitslose nicht eingehen! Also war klar, dass man die Hanfparade 2007 irgendwie ohne Sponsoren gebacken kriegen muss. Das haben wir auch so angekündigt:

“Da wir kein Verein oder sowas sind, haben wir auch kein Geld. Die Organisation und Durchführung der Hanfparade sollte also möglichst nichts Kosten.”

Jedem, der nicht auf den Kopf gefallen ist, sollte zu diesem Zeitpunkt (März 2007) klar gewesen sein, dass man mit Null Budget, ner handvoll Organisatoren und nur 6 Monaten Zeit keine Berge versetzten kann. Unter diesen Voraussetzungen eine ähnliche Veranstaltung wie 1998 oder 1999 mit Bühnenprogramm und hunderttausenden Postern und Flyern zu erwarten, ist albern.

Um der (berechtigten) Kritik der vergangenen Jahre zu entsprechen, haben wir ein Motto gewählt, dass sich explizit nur mit Cannabis beschäftigt – Gib mir 5 – Gegen Gift im Gras. Ausserdem haben wir unser Anliegen in einem Text erklärt und ich habe auch den in den Foren gepostet und mich mit den Reaktionen beschäftigt:
“Bundesweite Demonstration gegen Streckmittel und gesundheitsgefährdende Zusatzstoffe in Cannabisprodukten und für eine Legalisierung des heimischen Anbaus von Hanf für den eigenen Bedarf.

Die rund vier Millionen Cannabiskonsumenten Deutschlands haben ein Problem! Seit mehr als einem Jahr leiden sie unter der Geldgier skrupelloser Geschäftemacher. Immer öfter wird auf dem Schwarzmarkt gestrecktes Marihuana angeboten. Die mit Glas, Sand, Zucker oder Plastik verseuchten Cannabisprodukte gefährden dabei nicht nur die Gesundheit der Konsumenten. Wenn Streckmittel aus dem harmlosen Genussmittel Hanf einen giftigen Chemiecocktail machen, muss die ganze Gesellschaft die Folgen tragen. Obwohl bereits mehrere Länder Europas amtliche Warnungen veröffentlicht haben, streitet die Bundesdrogenbeauftragte die Existenz von gestreckten Cannabisprodukten in Deutschland weiter ab.

Ein Umdenken in der deutschen Drogenpolitik ist mehr als überfällig. Die PolitikerInnen werden erst dann handeln, wenn WIR sie dazu zwingen.

Prohibition bedeutet Krankheit, Knast und Elend! Nur ein legaler Hanfmarkt kann den Graspanschern und ihren Hintermännern das Geschäft versauen! Nur wer sein Gras selber anbaut, weiß was im Joint drin ist! Nur die Legalisierung macht wirksamen Jugendschutz und Qualitätskontrollen möglich!

Am 25.August fordern wir deshalb auf der Hanfparade 2007 in Berlin:
* Aufhebung des Hanfsamenverbots von 1998
* Entkriminalisierung des Eigenanbaus von fünf Hanfpflanzen
* Kostenlose Analyse von Haschisch und Marihuana auf Streckmittel, Schimmel, Pestzide und Bakterien

Die Legalisierung von Hanf als Rohstoff, Medizin und Genussmittel kann nur gelingen, wenn die Cannabiskonsumenten und deren Angehörige und Freunde ihre Stimme erheben. Kommt zu Hanfparade 2007 und fordert euer Recht auf sauberes Gras!”

Darüber hinaus haben wir die Anzahl der Paradewagen reduziert und darum gebeten über einen Wagen OHNE Musik nachzudenken:
“Da wir nur mit maximal 1000 Teilnehmern rechnen, ist es nicht sinnvoll mehr als 4 Wagen mit Musik zu haben. Und auch die sind eigentlich schon zwei zuviel. Paradewagen ohne Beschallung (ausgenommen Reden oder Offene Mikrophone) sind immer willkommen.”

Natürlich haben wir uns auf die Suche nach Kooperationspartnern, Vereinen und Rednern gemacht. Leider war das Echo auf unsere Kontaktversuche aber mäßig bis nix. Das mag daran liegen, dass manch einer am Konzept Hanfparade zweifelt, hat aber auch viel damit zu tun, dass es schlicht und ergreifend keine aktive Legalize-Szene in Deutschland gibt! Wer das nicht glaubt, kann gerne mit mir ne Liste von Aktiven und Vereinen zusammen stellen.

In der wenigen Zeit vor der Demo haben wir:
a) ein Posterlayout gesucht und gefunden
b) eine Sonderausgabe des Hanf Journals geschrieben
c) regelmäßig in den Hanfforen über Neuigkeiten informiert
d) Kontakte mit regionalen und überregionalen Medien gesucht
e) eine Kooperation mit dem Hanf Journal und dem Yaam geschlossen und so eine kostenlose Afterparty ermöglicht
f) uns mit der Berliner Polizei herumgeärgert
g) versucht Einzelaktionen zu unterstützen
h) versucht Leute zur Teilnahme bzw. zu Fahrgemeinschaften zu motivieren
i) und noch mehr

Das alles passiert ohne Bezahlung und meist auch ohne Lob bzw. positives Feedback!


Endlich was zur Veranstaltung:
Klar wäre es schöner gewesen, wenn da nicht 600 sondern 600.000 Leute gewesen wären, aber für die kurze Zeit und ohne Geld sind auch 600 Teilnehmer eher mehr, als wir realistisch erwarten durften.

Auch wenn das manche nicht glauben wollen, war die Hanfparade2007 wahrnehmbar politischer. Es gab deutlich mehr Transparente (für deren Inhalt die Organisatoren außer beim Leittranspi nix können) und auch mehrere nette Aktionen. So hatte z.B. Susi, bei der ich mich an dieser Stelle nochmal bedanken möchte, fast 100 grüne Kittelschürzen gebastelt und viele davon auch noch mit passenden Slogans geschmückt. Darüber hinaus ist Sokratis die ganze Zeit mit einem Megaphon unterwegs gewesen und hat die Forderungen der Hanfparade verkündet.

Musik gab es auf der Hanfparade2007 nur an einem Ort – dem Paradewagen der Grünen. Die haben Reggea gespielt, was aber auch deren Entscheidung ist. Selbst wenn aus den Lautsprechern nur Gabba gekommen wäre, hätten wir Organisatoren das akzeptiert. Wir haben noch nie jemandem vorgeschrieben, welche Musik er mag/hört/spielt und das ist nach meiner festen Überzeugung auch die einzig legitime Vorgehensweise für eine Demo, die mehr Toleranz und Akzeptanz und weniger Verbot und Engstirnigkeit fordert!

Mit der Route der Hanfparade2007 haben wir versucht es beiden Fraktionen recht zu machen. Zum einen denen, die nach größtmöglicher öffentlicher Wahrnehmung schreien – Für die war sicher die erste Hälfte der Strecke, die beste seit Jahren. Zum anderen denen, die glauben, dass eine Demo da lang führen sollte, wo ihr Klientel sitzt – für die ging es am Ende durch Kreuzberg. Ich persönlich fand die Strecke ganz schick, auch wenn viele über die Länge gejammert haben.

Politische Reden gab es besonders auf der Auftaktkundgebung reichlich und unter anderem von Julis, Grüne Jugend, Hanf Museum Berlin, Eve & Rave Berlin, Fuckparade… Während der Demo hat dann auch Ströbele gesprochen. Der Salvia-Redner war im übrigen Tibor Harrach. Was die Leute sagen kann man ihnen schlecht vorschreiben. Wie stellt ihr euch das vor? Sollen wir wenn jemand Salvia sagt, die Bühne stürmen und ihm das Mikro aus der Hand reißen? Ist das euer Demokratieverständnis?

Das nicht alles reibungslos geklappt hat – Mea culpa. In den vergangenen Jahren sind solche Probleme auch aufgetaucht, konnten aber von mehr Aktiven in der Regel aufgefangen werden, so dass man es nicht so krass bemerkt hat.

Sich über die Teilnehmer aufzuregen, besonders die Art in der das hier von einigen getan wird, will ich lieber nicht kommentieren.
Nur soviel – die Mädels mit dem Einkaufswagen haben die ganze Zeit leere Flaschen eingesammelt. Ich finde den ökologischen Ansatz eher lobenswert und habe auch kein Problem damit, wenn jemand so aussieht, wie er nunmal aussieht.


Bilder und Videos der Hanfparade2007
Bilder
– von Julia Seeliger http://www.flickr.com/photos/moderne…7601672674997/
– von Mediaparker http://www.flickr.com/photos/linkspa…7601713147538/

Videos
– Spiegel Online vom 26.08.2007 “Hanfparade in Berlin: Freie Menschen, freie Liebe, freie Drogen” http://www.spiegel.de/videoplayer/0,6298,20996,00.html
– Exzessiv vom 04.09.2007 “Exzessiv – 88 – Bilder der Hanfparade 2007 – Teil 1″ http://www.youtube.com/watch?v=EzPSYJesqf0
– Exzessiv vom 12.09.2007 “Exzessiv – 89 – Bilder der Hanfparade 2007 – Teil 2″ http://www.youtube.com/watch?v=zB-nK0g7wsw

Infos über mehr Bild/Ton-Material bitte an mich (steffen@hanfparade.de) senden.


Zusammenfassung:
Die Hanfparade hat ein Problem – eigentlich sogar mehrere.
1. Zu Wenige beteiligen sich an der Organisation.
2. Die die nichts selbst tun, fordern von den wenigen Aktiven zuviel.
3. Die Organisation muss früher beginnen.
4. Alle sollten ihre Vorstellung von der Hanfparade frühzeitig in die Organisation einbringen.

Die Organisatoren sind für Vorschläge und Ideen offen. Bereits gestern haben wir in einer vergleichsweise großen Runde (7 Personen) über die Hanfparade2008 gesprochen. Bis Ende des Monats werden wir “unsere” Pläne vorstellen und mit euch diskutieren! Hier mal meine Aufzeichnungen von gestern (ich lass jetzt mal die Teile die nicht direlkt mit der HP2008 zu tun haben weg):

Hanfparade 2008 Brainstorming

Termin

* Schulferien 17.07.- 29.08. -> letztes Wochenende wegen Schuleinführungen meiden
* verbleibende Samstage im August -> 03., 10., 17.
* Großveranstaltungen abchecken -> Fuckparade, CSD, Kiezfeste

Motto

* möglichst offen für andere Drogen vs. Hanfbezug
* Vorschläge
* Schöner Konsumieren
* Gegen Angst
* Hanfverbot ist fundamentalistisch -> Vergleich mit dem Musikverbot der Taliban
* Tanzen nicht Marschieren
* BTMG bricht Menschenrecht
* Gegen BTMG-Terror
* Gegen Drogenfundamentalisten
* Stoppt den Paragraphenterror
* Multikulturell, Mutikonsumell, Multi…
* Rundmail zur Mottofindung + Forenrunde
* Sprache der Politik verwenden vs. Verständlichkeit für Normalbürger
* Verbindung zum Nichtrauchergesetz

Demoroute

* kürzer als letztes Jahr
* Steffen denkt an Alexanderplatz- Unter den Linden- Friedrichstrasse- Potsdamer Platz

Abschlusskundgebung

* auf Privatgelände ist Teilnehmerfreundlicher
* im öffentlichen Raum ist teurer, aber bringt mehr Aufmerksamkeit
* Hanf Journal macht wieder eine Party -> vermutlich im Yaam, kostenlos für Besucher der Hanfparade

Afterparty

* offizielle Party vs. möglichst viele

Mobilisierung

* Festivals nutzen
* Flyer verteilen
* Infostände
* Smoke-Ins
* gerne auch in anderen Städten
* in Berlin muß man die wohl selbst machen
* andere themenähnliche Demos + Veranstaltungen
* regelmäßige Presse- und Internetarbeit (Hanfzeitungen, Foren)
* öffentlicher Aufruf zur Demo, möglichst von vielen unterschreiben/unterstützen lassen
* Sonderausgabe des Hanf Journals ist möglich

Ansprechpartner und potentielle Unterstützer

* Hanfmedien
* Hanfforen
* Vereine und Instututionen
* Hanfaktive
* Politiker
* Bauern, Mediziner u.ä.
* Künstler und Musiker

Sponsoren

* Henk will in erster Linie Sponsoren für Mobilisierung suchen
* Sponsoren für Paradewagen suchen (Canna-Wagen etc.)
* einzelne Veranstaltungsteile “verkaufen”

Flyer/ Poster

* frühzeitig ein Motiv suchen und damit Sponsoren werben
* dezentrale Verteiler suchen -> HanfparadePropaganaCenter (HPC) wiederbeleben, aber neu erfinden
* Headshop-Versender nutzen um Material zu verteilen (z.B. Grow-In Berlin)
* Flyer für Hanf Journal Afterparty mit nutzen

Sonstiges

* Vorveranstaltung mit Vorträgen oder Podiumsdiskiussion
* Freitag vor der Hanfparade
* potentielle Redner Tibor, Hans, Georg
* Kinoabend mit Hanffilmen
* Sonntag nach der Hanfparade
* z.B. im RAW oder Tacheles
* Programmkinos anfragen
* Cooperation mit Fuckparade?
* Sternmarsch mit gemeinsamer Abschlusskundgebung
* wechselseitige Beteiligung mit Paradewagen
* Zeitplan erstellen”

Damit hinterher nicht wieder gemeckert wird:

WIR TREFFEN UNS JEDEN DIENSTAG AB 18:00 UHR IM HANF MUSEUM BERLIN. BEI DEN TREFFEN IST JEDER WILLKOMMEN UND WIRD ANGEHÖRT. DIE FRISUR IST UNS EGAL!